Weltweite Corona-Reisewarnung: Pauschalr…

31. Mai 2020


Was ist zu tun, wenn noch Restzahlungen ausstehen?

Viele Reisende, deren Reisen erst in einigen Wochen oder Monaten anstehen, fragen, ob sie vor dem Hintergrund des Coronavirus und auch einem möglichen Insolvenzrisiko eine Restzahlung vornehmen sollen. Das ist eine wichtige Frage, falls Sie noch nicht kostenlos stornieren können (siehe oben) oder an den Reiseplänen selbst möglichst lange festhalten möchten.

Nach unserer Ansicht brauchen Sie den Restpreis, der in diesen Tagen für eine bald anliegende Pauschalreise oder eine einzeln gebuchte in Deutschland gelegene Unterkunft fällig wird, nicht zu zahlen.

Hintergrund ist, dass nach wie vor unklar ist, ob Reisen in den nächsten Wochen wie vereinbart durchgeführt bzw. Unterkünfte erreicht und für einen Urlaub genutzt werden können. Derzeit schließen die weltweite Reisewarnung des Auswärtigen Amts, Einreiseverbote in viele Staaten, das Abraten bzw. Verbote, innerhalb Deutschlands zu reisen, sowie das Verbot, Unterkünfte touristisch zu nutzen, Reisen praktisch aus. Ob und wann diese Einschränkungen tatsächlich entfallen, ist nicht absehbar. Zumindest Reisen, die in den nächsten Wochen (etwa bis Mitte Juni) stattfinden sollen, sind dermaßen gefährdet, dass Sie die Zahlung des Restpreises unserer Auffassung nach verweigern können.

Geht es nach dem bereits erwähnten Gutachten (siehe roter Infokasten), können Auslands-Pauschalreisen, die noch bis Ende August stattfinden sollen, kostenlos storniert werden.

Vor diesem Hintergrund haben Reiseveranstalter und Eigentümer von Ferienunterkünften kein Recht zum Rücktritt vom Vertrag, obwohl sich das viele für den Fall vorbehalten, dass der vereinbarte Preis nicht oder nicht vollständig zu den genannten Terminen gezahlt wird. Die Anbieter dürfen auch keine Mahn-, Inkassokosten oder für den Fall eines Rücktritts vorgesehene Stornoentgelte verlangen.

Falls der Anbieter dies anders sieht und auf den Zahlungen besteht, Sie aber an den Reiseplänen möglichst lange festhalten möchten, wird es leider komplizierter. Dann werden Sie um eine Zahlung nach Mahnung durch den Reiseveranstalter nicht umhinkommen, um eine (unserer Ansicht nach unberechtigte) Stornierung durch den Veranstalter zu vermeiden.

Für Reisen, die erst später stattfinden sollen, und je nachdem, wie sich die Lage weiter entwickelt, kann die Antwort auf die Frage der Restpreiszahlung anders lauten.

Wenn Sie für eine Reise, die erst später stattfinden soll, die fälligen Beträge nicht zahlen, laufen Sie Gefahr, Mahnkosten zu zahlen. Außerdem kann der Anbieter – allerdings nur unter Fristsetzung und nach entsprechender Androhung – vom Vertrag zurücktreten und Schadenersatz verlangen.

Empfehlung: Nehmen Sie frühzeitig mit dem Reiseveranstalter Kontakt auf

Ungeachtet der rechtlichen Einschätzung raten wir dazu, bei einer anstehenden Reise umgehend mit dem Reiseveranstalter Kontakt aufzunehmen. Reiseveranstalter reagieren selbst auf die neueren Entwicklungen. Viele Reisen sind bereits abgesagt. Gleiches gilt für Fluggesellschaften und die Flüge. Der Flugverkehr ist mittlerweile stark eingeschränkt. So fliegt Lufthansa nur noch einen Bruchteil des bisherigen Programms.

Aber erwarten Sie nicht zu viel: Gleichzeitig erhalten wir immer mehr Beschwerden, dass die Unternehmen (auch vor dem Hintergrund der Vielzahl der Anfragen) erst gar nicht reagieren, Stornierungs- oder andere Rechte der Verbraucher kategorisch ablehnen und nur Gutscheine oder Umbuchungsmöglichkeiten anbieten. In diesem Fall müssen Sie Ihre Forderungen weiter verfolgen und dranbleiben. Gerne können Sie sich auch an die Verbraucherzentralen wenden.

Eine Frage des Einzelfalls?

Warum meinen wir, dass Sie kostenlos stornieren können, wenn das Auswärtige Amt die folgenden Sätze schreibt? „Letztendlich ausschlaggebend ist nicht die Reisewarnung des Auswärtigen Amts, sondern die juristische Frage, ob unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände vorliegen. Dies ist im Einzelfall zu klären.“

Dies ist kein Widerspruch. Tatsächlich ist die Frage, ob die Umstände vorliegen, grundsätzlich im Einzelfall für jede einzelne Reise zu beurteilen. Es sind Anhaltspunkte zu sammeln, die darlegen, dass die Durchführung der Pauschalreise (oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort) erheblich beeinträchtigt wird.

Das ist auch der Ansatz in dem erwähnten Gutachten (siehe roter Infokasten), das wegen der Berichte und offiziellen Mitteilungen u.a. des Außenministers Heiko Maas von einer erheblichen Beeinträchtigung bis Ende August ausgeht.

Dies haben die (letztlich entscheidenden Gerichte) bei einer Reisewarnung in der Vergangenheit regelmäßig angekommen. Wir gehen davon aus, dass die Gerichte dies vor dem Hintergrund und angesichts der Erklärung des Coronavirus zur Pandemie weltweit annehmen werden – selbst wenn für einzelne Länder noch keine Einreisebeschränkungen gelten sollten und in diesen Ländern keine Maßnahmen getroffen wurden. Vor dem Hintergrund der nunmehr ausgesprochenen Ausgangsbeschränkungen in den einzelnen Bundesländern dürfte dies aktuell außer Frage stehen.

Die Fragen, ob, wann und zu welchen Bedingungen Reisen kostenfrei storniert werden können – wie auch viele andere Frage im Zusammenhang mit dem Coronavirus auch – dürften in Zukunft aber noch Gerichte beschäftigen.

Lassen Sie sich, gerade bei teuren Reisen, im Zweifel unabhängig beraten, zum Beispiel bei der Verbraucherzentrale.

Die Situation für Individualreisende

Mit der Schließung der Grenzen haben auch Individualreisende eine bessere Handhabe, die wegen unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände ansonsten kein rechtliches Instrument haben und regelmäßig auf einem Schaden selbst sitzen bleiben, wenn sie die Reise deshalb absagen oder abbrechen.

Wenn Sie die individuell gebuchte Unterkunft wegen der Grenzbeschränkungen nicht nutzen können, müssen Sie unserer Ansicht nach auch nicht dafür bezahlen. Viel spricht dafür, dass dies auch gilt, wenn die Unterkunft nicht erreichbar ist oder nicht touristisch genutzt werden soll.

Achtung: Grundlage ist deutsches Recht. Etwas anderes kann gelten, wenn Sie eine Unterkunft direkt beim Eigentümer im Ausland gebucht haben und das dortige Recht greift. Das ist etwa der Fall, wenn Sie direkt beim niederländischen Betreiber eines Ferienparks in Holland gebucht haben.

Entsprechendes gilt für Flugreisen, die Sie aufgrund von Ein- bzw. Ausreisebeschränkungen nicht antreten können. Werden die Flüge von den Fluggesellschaften abgesagt, haben Sie die Wahl zwischen der Erstattung des Flugpreises, wenn Sie den Flug nicht mehr antreten wollen, oder einem Ersatzflug zu einem späteren Zeitpunkt (der Sie nichts zusätzlich kosten darf).

Auch wenn die Airline den Flug trotz der Reisebeschränkungen durchführt, muss nach unserer Ansicht der Flugpreis erstattet werden, wenn Sie einem Einreiseverbot unterliegen.

Ob Ihnen mit der Annullierung eines Fluges zusätzlich Ausgleichszahlungen nach der Fluggastrechteverordnung zukommen, hängt davon ab, ob sich das Flugunternehmen seinerseits auf unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände berufen kann. Einreiseverbote etwa als Grund für die Annullierung können die Airlines von der Pflicht zu Ausgleichszahlungen entlasten. Unterstützungsleistungen, Flugpreiserstattung oder Ersatzflug und Betreuungsleistungen (z.B. Verpflegung oder Hotelzimmer) muss die Airline aber ohne Möglichkeit der Entlastung auch bei außergewöhnlichen Umständen gewähren. Diese Ansprüche des Fluggasts bleiben deshalb auch in Zeiten von Corona bestehen. Über unsere kostenlose Flugärger-App können Sie schnell und bequem einen Antrag an die Airline stellen.

Was ist mit Reisen in Deutschland?

Die Voraussetzungen für eine kostenlose Stornierung sind dieselben wie bei einer Reise ins Ausland.

Zur Beurteilung, ob unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände vorliegen, die zum kostenfreien Rücktritt von einem Pauschalreisevertrag berechtigen, können die Äußerungen des Auswärtigen Amtes bzw. anderer zuständiger Behörden herangezogen werden. Behördliche Warnungen sind ein wichtiges Indiz, aber keine Voraussetzung für das Rücktrittsrecht. Vielmehr reicht nach unserer Ansicht ein Sicherheitshinweis, in dem von Reisen in ein bestimmtes Gebiet abgeraten wird.

Unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände liegen derzeit nach mehreren Entscheidungen vor:

  1. Mit der Aufforderung des Bundesgesundheitsministeriums, Reisen im Inland zu unterlassen,
  2. mit den ausgesprochenen Zugangsbeschränkungen, wie etwa dem Beschluss der Landesregierung Schleswig-Holsteins, ab dem 18. März 2020 Reisen aus touristischem Anlass in das Bundesland zu untersagen, sowie
  3. mit den aktuell von den Bundesländern ausgesprochenen Ausgangsbeschränkungen.

Soweit Übernachtungsangebote im Inland behördlich angeordnet nur noch zu notwendigen und ausdrücklich nicht zu touristischen Zwecken genutzt werden, wie dies erstmalig am 16. März 2020 Gegenstand der Vereinbarung der Bundesregierung und den Bundesländern war, sind Reiseveranstalter von sich aus bereits gezwungen, zahlreiche innerdeutsche Reisen abzusagen. Der Reisepreis ist dann in jedem Fall zu erstatten. Entsprechendes gilt für die Anbieter der Übernachtungsangebote, wenn diese von Individualreisenden gebucht wurden.

Nach der Vereinbarung sollen zudem „Reisebusreisen“ verboten werden, für die vielfach auch die Regelungen des Pauschalreiserechts greifen. Auch mit deren Absage ist der Reisepreis zu erstatten.



Quelle: Verbraucherzentrale Hessen

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